Seit 1945 fährt kein "Mockel" mehr

Werner Pöllmann, Markneukirchen
Vogtlandanzeiger 23. September 1996

Vor 90 Jahren rollte der erste Zug zwischen Roßbach und Adorf. Zur Geschichte des Eisenbahnbaus hier der dritte Beitrag unserer Artikelfolge von Werner Pöllmann.

ADORF. – Am Sonntag, dem 16. September 1906, wurden in Roßbach die Einweihungsfeierlichkeiten abgehalten mit vielen Ansprachen und einem kleinen Volksfest.

Bild Bf Freiberg
Der Bahnhof Freiberg heute. Hier im Tetterweintal machte zwischen 1906 und 1945 der Roßbacher Mockel Station
Foto: Thomas Schindel

Der Eröffnungssonderzug verkehrte nach kurzfristiger Verschiebung erst tagsdarauf um 9.3/4 Uhr vormittags ab Asch Bayr. Bf. und traf 12.1/2 Uhr mittags in Adorf ein. Die Rückfahrt begann um 2.3/4 Uhr nachmittags und endete um 4 Uhr nachmittags. In Roßbach wurde jeweils ein Aufenthalt von einer Stunde eingelegt. Am Dienstag fuhr dann der erste fahrplanmäßige Zug 4.48 Uhr früh ab Asch.

Der "Roßbacher Mockel", wie der Zug von der Bevölkerung bald genannt wurde, war zwar keine Schmalspurbahn, wohl aber verkehrten hier Gelenklokomotiven, die engere Kurven bewältigen konnten.

Als 1918 mit dem Ende des Ersten Weltkrieges die Habsburger Doppelmonarchie zerviel und die Tschechoslowakei gegründet wurde, gingen alle bisherigen K.K. Oesterreichischen Staatsbahnen, also auch die Strecke Asch-Adorf, an die Tschechoslowakische Staatsbahn ČSD über.

Bild Bf Arnsgrün
Auch der ehemalige Bahnhof Arnsgrün wurde inzwischen von seinen Bewohnern zu einem Eigenheim umgebaut
Foto: Thomas Schindel

Bemerkenswert ist, daß hier zwei Strecken der einige Jahre später gegründeten Deutschen Reichsbahn DR, nämlich Eger-Plauen und Eger-Hof, miteinander verbunden wurden und kein direkter Anschluß an das Netz der ČSD bestand.

Der Bayerische Bahnhof Asch wurde dann in "Reichsbahnhof" umbenannt. Die ČSD verkehrte aber nur zwanzig Jahre lang bis nach Adorf.

Als 1938 durch das Münchner Abkommen das Sudetenland an Deutschland angeschlossen wurde, kamen die Eisenbahnen alle zur DR.

Bild Elsterbrücke
Das rechte Widerlager der Elsterbrücke ist noch sehr gut erhalten. Der linke Teil wurde wahrscheinlich in den 1950er Jahren abgetragen.
Foto: Thomas Schindel

Der Reichsbahnhof in Asch hieß nun "Asch Hauptbahnhof", und die Strecke nach Adorf gehörte zur Reichsbahndirektion Regensburg beziehungsweise München. Die Maschinen erhielten Nummern der Baureihe 98. Im Personenverkehr wurden aber schon längst Triebwagen eingesetzt.

Das Ende der Tetterweintalbahn brachte der zweite Weltkrieg. Am 15. April 1945 nahmen amerikanische Truppen die Elsterbrücke der Bahnlinie unter Beschuß und zerstörten sie.
Anmerkung 04.12.2009: Ein Zeitzeugenbericht belegt inzwischen, dass die Brücke erst im Zuge der Demontage der Strecke im Jahr 1949 abgebaut wurde und dass Soldaten der Deutschen Wehrmacht die Trasse in den letzten Kriegstagen durch einen Sprengversuch der Elsterbrücke unbefahrbar gemacht haben.)

Bild Bf Adorf Prellbock
2002 existierte noch der Prellbock am Gleis 4,5 des Adorfer Bahnhofs.
Foto: Thomas Schindel

Auch der Zug wurde beschossen und auf dem Bahnhof Freiberg gab es sieben Todesopfer. Seitdem ist kein Zug mehr von Roßbach herunter gefahren. Die Gleise von Adorf bis zur Landesgrenze wurden 1949 entfernt.

Die tschechische Eisenbahngesellschaft ČD verkehrt heute von Cheb (Eger) bis Asch auf der ehemaligen bayerischen Strecke und weiter bis zur Endstation Hranice v Čechách. (Roßbach in Böhmen) auf der einstigen österreichischen Lokalbahnlinie.

Von Asch, wo Ende der sechziger Jahre ein neues modernes Bahnhofsgebäude entstand, wurde noch lange der grenzüberschreitende Güterverkehr nach Selb-Plößberg zur Deutschen Bundesbahn DB betrieben.

Im Tetterweintal wird die ehemalige Bahntrasse zwischen der B92 und der Straße von Arnsgrün nach Gettengrün als Weg benutzt. Die Stationsgebäude von Freiberg und Arnsgrün sind noch als Wohnhäuser erhalten. Außer dem Bahndamm in der Elsteraue ist noch der Prellbock der einstigen Roßbacher Bahn auf dem Bahnsteig 4, 5 des Bahnhofes Adorf zu finden.