Staatsvertrag vom 27. November 1898

zwischen Österreich-Ungarn und Sachsen, betreffend mehrerer Eisenbahnanschlüsse an der österreichisch-sächsischen Grenze.

(Abgeschlossen zu Wien am 27. November 1898, von Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät ratificirt zu Schönbrunn am 28. December 1898, die Ratification ausgetauscht zu Wien am 25. Jänner 1899)
Jahrgang 1899: Reichsgesetzblatt für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder.
XII.Stück - Ausgegeben und versendet am 16. Februar 1899

31.


Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, Apostolischer König von Ungarn; König von Böhmen,
Staatsvertrag Österreich-Ungarn und Sachsen
Reichsgesetzblatt 1899. Unter der Ziffer 31 ist der Staatsvertrag zwischen Österreich-Ungarn und Sachsen formuliert
Quelle: Österreichisches Staatsarchiv

Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illnrien; Erzherzog von Österreich; Großherzog von Krakau; Herzog von Lothringen, Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain, Bukowina, Ober- und Niederschlesien; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol etc. etc.

thun kund und bekennen hiemit:

Nachdem zwischen Unseren Bevollmächtigten und jenen seiner Majestät des Königs von Sachsen wegen Herstellung mehrerer Eisenbahnverbindungen an der österreichisch-sächsischen Grenze am 27. November d. J. zu Wien ein Vertrag unterzeichnet worden ist, welcher wörtlich lautet, wie folgt:

Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn
    und
    Seine Majestät der König von Sachsen,
geleitet von dem Wunsche, die Eisenbahnverbindungen zwischen den beiden Staatsgebieten zu erweitern, haben zum Behufe einer hierüber zu treffenden Vereinbarung zu Bevollmächtigten ernannt:
    Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn
    Allerhöchstihren geheimen Rath, Eisenbahnminister Dr. Heinrich v. Wittek und
    Allerhöchstihren Ministerialrath im Finanzministerium Dr. Friedrich v. Raymond
    und
    Seine Majestät der König von Sachsen
    Allerhöchstihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei seiner Majestät dem Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc. und Apostolischen König von Ungarn Rudolf Carl Caspar Grafen Rex,
    Allerhöchstihren Ministerialdirector Rath im Finanzministerium, geheimen Rath Otto Theodor Meusel und
    Allerhöchstihren vortragenden Rath im Finanzministerium, geheimen Rath Dr. Paul Hermann Ritterstädt,
von welchem nach geschehener Mittheilung und gegenseitiger Anerkennung ihrer Vollmachten der nachstehende Vertrag verabredet und abgeschlossen worden ist.

Artikel I.

Die kaiserlich-königlich österreichische und die königlich sächsische Regierung sind übereingekommen, Eisenbahnverbindungen, und zwar:
    1. von Rossbach nach Adorf,
    2. von Friedland über Hermsdorf nach Markersdorf,
    3. von Nirdorf über Karolinsthal nach Sebnitz,
    4. von Schluckau nach Sohland und
    5. von Rumburg nach Warnsdorf
zuzulassen und zu fördern.

Artikel II.

Für den Fall, als die kaiserlich-königlich österreichische Regierung die im Artikel I, Z. 1 genannte Eisenbahnverbindung auf Grund einzuholender gesetzlicher Ermächtigung für Rechnung des Staates auszuführen und zu betreiben beabsichtigen sollte, erklärt die königlich sächsische Regierung ihre Zustimmung, dass der Bau und Betrieb der auf sächsischem Staatsgebiete gelegenen Strecke bis zur Grenze von der kaiserlich-königlich österreichischen Staatseisenbahnverwaltung geführt werde.

Sollte jedoch die kaiserlich-königlich österreichische Regierung vorziehen, zunächst den Bau dieser Bahnlinie im Wege der Concessionsertheilung an eine Privatunternehmung sicherzustellen, so wird die königlich sächsiche Regierung dem Unternehmer der österreichischen Strecke die Concession unter den jeweilig geltenden gesetzlichen Bestimmungen und den noch festzusetzenden näheren Bedingungen, sowie unter Gewährung der zulässigen Erleichterungen und Begünstigungen für die auf sächsischem Staatsgebiete auszuführende Strecke bis zur Grenze ertheilen und ihre Zustimmung dazu geben, dass der Betrieb dieser Strecke auf Concessionsdauer von der kaiserlich-königlich österreichischen Staatseisenbahnverwaltung geführt werde.

Der Bau der in Rede stehenden Eisenbahnverbindung soll entweder nach Erwirkung der einschlägigen gesetzlichen Ermächtigung und nach Erfüllung der Bedingungen, von welchen dieser Bau gesetzlich etwa abhängig gemacht werden sollte, oder nach erfolgter Concessionsertheilung, unverweilt in Angriff genommen und von diesem Zeitpunkte an gerechnet binnen längstens einem und einem halben Jahre vollendet werden.

Die kaiserlich-königlich österreichische Regierung wird der königlich sächsischen Regierung von dem Eintritte der obigen Voraussetzungen unverweilt Kenntnis geben und zugleich den Zeitpunkt bezeichnen, bis zu welchem die betriebsfähige Herstellung der Bahnlinie zu erfolgen haben wird.

Artikel III.

Der Bau der zwischen der Station Friedland der k.k. priv. Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn und der nächst der Grenze zu errichtenden Station Hermsdorf gelegenen Theilstrecke der im Artikel I, Z. 2 genannten schmalspurigen Eisenbahnverbindung wird seitens der kaiserlich-königlich österreichischen Regierung zu dem ihr geeignet erscheinenden Zeitpunkte im Wege der Concessionsertheilung sichergestellt, und wird hierbei dem Concessionär die Verpflichtung auferlegt werden, diese Bahnstrecke unter thunlichster Annäherung an den Ort Dittersbach auszuführen und dieselbe längstens binnen zwei Jahren, vom Tage der Concessionsertheilung an gerechnet, zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Die königlich sächsische Regierung erklärt ihrerseits die Bereitwilligkeit nach Empfang einer Mittheilung der kaiserlich-königlich österreichischen Regierung über die bewirkte concessionsmäßige Sicherstellung der im vorigen Absatze bezeichneten Theilstrecke den Bau der Fortsetzungsstrecke von der Station Hermsdorf nach Markersdorf auf Staatskosten auszuführen und denselben derart zu beschleunigen, dass die fertige Linie thunlichst gleichzeitig mit der österreichischen Anschlusstrecke in Betrieb gesetzt wird.

Artikel IV.

Der Bau der im Artikel I, Z. 3 genannten normalspurigen Eisenbahnverbindung Nirdorf - Sebnitz soll der k.k.priv. Böhmischen Nordbahngesellschaft auf Grund der von den beiderseitigen Regierungen für die auf ihrem Gebiete gelegenen Theilstrecken zu ertheilenden Concessionen übertragen und soll hierbei der genannten Gesellschaft die Verpflichtung auferlegt werden, die Eisenbahnlinie binnen zwei Jahren vom Tage der Concessionsertheilung zu vollenden und in Betrieb zu übergeben.

Artikel V.

Die kaiserlich-königlich österreichische Regierung behält sich vor, die Ausführung einer normalspurigen Eisenbahn von der Station Schluckenau der k.k.priv. Böhmischen Nordbahnen bis zur beiderseitigen Grenze in der Richtung gegen Sohland in dem ihr geeignet erscheinenden Zeitpunkte entweder im Wege der Concessionsertheilung an eine Privatunternehmung sicherzustellen, oder auf Grund einzuholender gesetzlicher Ermächtigung für Rechnung des Staates auszuführen und zu betreiben.

Über die erfolgte Sicherstellung des Baues der vorangeführten Eisenbahn wird die kaiserlich-königlich österreichische Regierung der königlich sächsischen Regierung rechtzeitig Mittheilung machen und wird sodann die königlich sächsische Regierung entweder dem Unternehmer der österreichischen Strecke die Concession für die auf sächsischem Gebiete auszuführende Strecke von der Grenze bis Sohland unter dem auf ihrem Gebiete geltenden gesetzlichen Bestimmungen und den noch festzusetzenden näheren Bedingungen sowie unter Gewährung der zulässigen Erleichterungen und Begünstigungen ertheilen oder ihre Zustimmung dazu geben, dass der Bau und Betrieb der auf sächsischem Gebiete gelegenen Theilstrecke von der Grenze bis Sohland von der kaiserlich-königlich österreichischen Regierung für eigene Rechnung geführt werde.

Artikel VI.

Falls die kaiserlich-königlich österreichische Regierung in die Lage kommen sollte, für die auf ihrem Gebiete gelegenen Theilstrecken einer als normal- oder schmalspurige Kleinbahn auszuführenden Bahnverbindung zwischen den Städten Rumburg und Warnsdorf einer Privatunternehmung die Concession zu ertheilen, wird die königlich sächsische Regierung nach erhaltener Mittheilung über diese Concessionsertheilung keinen Anstand nehmen, den Concessionären der österreichischen Theilstrecke auch die Concession für die in Sachsen gelegene Zwischenstrecke unter den jeweilig geltenden gesetzlichen Bestimmungen und den noch festzusetzenden näheren Bedingungen, sowie unter Anwendung der zulässigen Erleichterungen ertheilen.

Artikel VII.

Die beiden hohen Regierungen verpflichten sich, zuzulassen und anzuordnen, dass die im Artikel I, ZZ. 1, 3 und 4 bezeichneten Eisenbahnen an ihren Endpunkten in angemessene, den Übergang der Betriebsmittel gestattende Schienenverbindung mit den zur Zeit daselbst anschließenden Eisenbahnen gesetzt wird.

Bezüglich der im Artikel I, Z. 2 genannten, mit der Spurweite von 0.75 m auszuführenden Eisenbahn Friedland-Markersdorf ist in der Station Markersdorf für eine unmittelbare Schienenverbindung mit der nach Zittau führenden Schmalspurbahn und in der Station Friedland für derartige bauliche Anlagen Vorsorge zu treffen, dass der wechselseitige Übergang von Personen und Gütern zwischen den in Betracht kommenden Eisenbahnen thunlichst vereinfacht, beschleunigt und verwohlfeilt werde.

Bezüglich der im Artikel I, Z. 5 genannten Kleinbahn wird bestimmt, dass dieselbe, falls sie für den localen Güterverkehr benützt und zu diesem Zwecke mit den Linien der Böhmischen Nordbahn in unmittelbare oder mittelbare Geleiseverbindung gebracht werden sollte, eine gleichartige Verbindung auch mit der Haltestelle Alt-Warnsdorf der königlich sächsischen Staatsbahnen erhalten soll.

Artikel VIII.

Der Betriebswechsel auf den in Artikel I, ZZ. 1 bis 4 bezeichneten Eisenbahnenfindet statt:
  • a) bezüglich der Eisenbahnlinie von Rossbach nach Adorf in dem auf sächsischem Gebiete gelegenen, nach Maßgabe der Betriebs- und Verkehrsbedürfnisse zu erweiternden Bahnhofe Adorf;
  • b) bezüglich der Eisenbahnlinie von Friedland nach Markersdorf in dem auf österreichischem Gebiete in unmittelbarer Nähe der Grenze anzulegenden Bahnhof bei Hermsdorf;
  • c) bezüglich der Eisenbahnlinie von Nirdorf nach Sebnitz in dem auf sächsischem Gebiete gelegenen Bahnhof Sebnitz;
  • d) bezüglich der Eisenbahnlinie von Schluckenau nach Sohland in dem auf sächsischem Gebiete gelegenen, nach Bedürfnis zu erweiternden Bahnhofe Sohland.

Die Grenzzollämter sind für die Eisenbahnlinie Rossbach-Adorf in der Station Rossbach, für die Linie Friedland-Markersdorf in der Betriebswechselstation Hermsdorf, für die Linie Nirdorf-Sebnitz in der auf österreichischem Gebiete anzulegenden Station Niedereinsiedel und für die Linie Schluckau-Sohland in der zu erbauenden Haltestelle Äußerstmittelsohland zu errichten.

Die Einrichtung der vorbezeichneten Grenz- und Wechselstationen erfolgt nach den in dem bezüglichen Staatsgebiete geltenden Grundsätzen.

Die Signaleinrichtungen der auf sächsischem Gebite gelegenen Theilstrecken der im Artikel I, ZZ. 1, 3, 4 und 5 bezeichneten Bahnverbindungen sollen, unter Wahrung der vollen Gegenseitigkeit bezüglich der auf österreichischem Gebiete gelegenen, von der königlich sächsischen Regierung auszuführenden Theilstrecke der Linie Friedland-Markersdorf, mit denjenigen Einrichtungen übereinstimmen, welche in dieser Beziehung für die auf österreichischem Gebiete gelegenen Strecken der obbezeichneten Linien genehmigt werden.

Artikel X.

In Bezug auf die zum Theile auf österreichischem, zum Theile auf sächsischem Gebiete zu führende Kleinbahn Rumburg-Warnsdorf werden die Bedingungen und Modalitäten der zollamtlichen und sonstigen Überwachung einer späteren Vereinbarung zwischen den beiden hohen vertragsabschließenden Regierungen unter Berücksichtigung der besonderen Anlage- und Verkehrsverhältnisse dieser Bahnlinie vorbehalten.

Artikel XI.

Über die näheren Bedingungen der Mitbenützung der Bahnhöfe Adorf, Sebnitz und Sohland und insbesondere über die der königlich sächsischen Staatseisenbahnverwaltung hierfür zu leistenden Vergütungen sind die erforderlichen Vereinbarungen zwischen den betheiligten Eisenbahnverwaltungen unter dem Vorbehalte der Genehmigung der beiden hohen Regierungen zu treffen.

In gleicher Weise und unter demselben Vorbehalte wird die königlich sächsische Staatseisenbahnverwaltung die nähren Bedingungen wegen Mitbenützung des Bahnhofes Hermsdorf mit dem Concessionär der Bahnlinie Friedland-Hermsdorf vereinbaren.

Beim Mangel eines Einverständnisses werden die vertragsabschließenden hohen Regierungen bezüglich der Mitbenützung der Betriebswechselstationen und der zu leistenden Vergütung sich verständigen und werden die auf Grund dieser Verständigung zu erlassenden Anordnungen für die betreffenden Bahnverwaltungen maßgebend sein.

Es wird aber schon jetzt vereinbart, dass die in Betracht kommenden fremden Eisenbahnverwaltungen und Concessionäre die Anlagekosten der ihnen nach Maßgabe des Bedürfnisses zur ausschließlichen Benützung zu überlassenden Theile der bezeichneten Bahnhöfe durch Capitalzahlung zu begleichen und die Instandhaltung, einschließlich der nach den Verwaltungsgrundsätzen des betreffenden Staatsgebietes erforderlich werdenden Erneuerungen der gedachten Bahnhofstheile, auf eigene Kosten zu übernehmen haben werden.

Dagegen werden die wirklich aufgewendeten und gehörig nachgewiesenen Anlagekosten der in den genannten Betriebswechselstationen von den betheiligten Verwaltungen gemeinsam benützten Bahnhofstheile der bauausführenden Verwaltung antheilig nach Maßgabe der Benützung, im Zweifel aber je zur Hälfte, durch eine jährlich, auf Grund der Verzinsung des Analgecapitals berechnete Vergütung zu erstatten sein. Der Zinsfuß wird zunächst mit vier Procent auf fünf Jahre festgesetzt und unterliegt dieser Zinsfuß einer Revision von fünf zu fünf Jahren. Welche Objecte als gemeinschaftlich anzusehen sind, wird besonderer Vereinbarung zwischen den betheiligten Verwaltungen vorbehalten.

Für die Kosten, welche den betreffenden Eisenbahnverwaltungen durch die nach Artikel XIII dieses Vertrages zu übernehmende Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung baulicher Anlagen (Amtslocalitäten und Wohnungen) für Zwecke der Zollverwaltung, sowie für Zwecke der Post-, Telegraphen- und Polizeiverwaltung des fremden Landesgebietes erwachsen, ist von der Verwaltung der fremdländischen Anschlußbahn unter sinngemäßer Anwendung der im fünften und sechsten Absatze dieses Artikel enthaltenen Bestimmungen Ersatz zu leisten.

Unter Anlagecapital im Sinne dieses Artikels sind nur die wirklich aufgewendeten Kosten ohne Einrechnung etwaiger Kosten der Geldbeschaffung und etwaiger Cursverluste zu verstehen.

Die verstehenden Bestimmungen haben auch auf etwa notwendig werdende Ergänzungs- und Erweiterungsbauten Anwendung zu finden.

Falls über die Nothwendigkeit derartiger Ergänzungs- und Erweiterungsbauten, sowie überhaupt über die Anwendung der Bestimmungen dieses Artikels zwischen den betheiligten Eisenbahnverwaltungen eine Einigung nicht erziehlt werden sollte, haben sich die selben im gegenseitigen Einvernehmen zu treffen - den Entscheidung der beiden hohen Regierungen zu unterwerfen.

Artikel XII.

In der Grenzstation Rossbach wird der Zolldienst auch fernerhin durch die daselbst von beiden Seiten errichteten zusammengelegten Zollabfertigungsstellen besorgt werden.

Auf der Grenz- und Wechselstation bei Hermsdorf, sowie auf den Grenzstationen Niedereinsiedel und Äußerstmittelsohland wird zur Erreichung des im Artikel 8 des Handels- und Zollvertrages zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche vom 6. December 1891 bezeichneten Zweckes von beiden Seiten je ein Grenzzollamt mit den den Verkehrsverhältnissen entsprechenden Abfertigungsbefugnissen errichtet werden.

Die vertragschließenden hohen Regierungen erklären sich bereit, die Befugnisse der vorgenannten Zollämter zu erweitern, sobald und so weit die Ausdehnung des Verkehres dies erfordern sollte.

Artikel XIII.

Derjenigen Eisenbahnverwaltung, welcher nach dem gegenwärtigen Vertrage der Bau des bezüglichen Grenzbahnhofes obliegt, ist durch die betreffende Regierung die Verpflichtung aufzuerlegen, sofern nicht mit Genehmigung der beiden hohen Regierungen eine anderweitige Vereinbarung zwischen den betheiligten Verwaltungen getroffen wird, die bauliche Einrichtung für die Diensträume der im siebenten Absatze des Artikels XI genannten Verwaltungen herzustellen und zu erhalten, sowie für die Herstellung der von den betreffenden fremdländischen Beamten benöthigten, diese zu überweisenden Wohnungen oder für die Überweisung von angemessenen derartigen Mietwohnungen Sorge zu tragen, wogegen ihr die diesfalls im Artikel XI festgesetzte Entschädigung gebürt und der diese Entschädigung leistenden Bahnverwaltung derjenige Mietsabzug der Beamten zufließt, welchen dieselben im Falle der Beistellung von Wohnungen nach den Bestimmungen des Heimatlandes zu erleiden haben.

Artikel XIV.

Alle näheren Bestimmungen zum Zweck der Regelung der im vorstehenden Artikel erwähnten und aller sonstigen Verhältnisse der beiderseitigen Ämter und insbesondere wegen der im beiderseitigen Zollinteresse zu treffenden Einrichtungen, sowie in Betreff der Förmlichkeiten der zollamtlichen Revision und Abfertigung des Passagiergepäcks und der ein- und ausgehenden Güter bleiben der besonderen Festsetzung durch Beauftragte der beiderseitigen Zollverwaltungen überlassen. Jedenfalls ist aber den Bediensteten derselben, soweit sie nach zu treffenden näheren Vereinbarungen Strecken der im Artikel I genannten Eisenbahnverbindungen zu dienstlichen Zwecken bereisen, freie Fahrt zu gewähren.

Artikel XV.

Die wegen Handhabung der Pass- und Fremdenpolizei im Eisenbahnverkehre schon bestehenden und noch zu vereinbarenden Bestimmungen sollen auf die den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnverbindungen Anwendung finden.

Die Amtsbefugnisse der Polizeibeamten, welche von der königlich sächsischen Regierung in den Grenzstationen Rossbach, Hermsdorf und Niedereinsiedel, sowie von der kaiserlich-königlich österreichischen Regierung in der Grenzstation Äußerstmittelsohland etwa bestellt werden sollten, werden durch besondere Verständigung unter den beiden hohen Regierungen festgesetzt.

Die diesfällige Behandlung soll mindestens drei Monate vor Inbetriebsetzung der betreffenden Eisenbahn beginnen und vor der Eröffnung des Betriebes thunlichst vollständig zum Abschlusse gebracht werden.

Artikel XVI.

Die Regelung des Post- und Telegraphendienstes auf den den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnverbindungen bleibt der besonderen Verständigung der beiderseitigen Post- und Telegraphenverwaltungen vorbehalten.

Falls in Gemäßheit dieser Verständigung der Wechsel des Postbetriebes ebenfalls auf die Wechselstationen Adorf, Sebnitz und Sohland verlegt wird, werden die betreffenden betriebsführenden österreichischen Unternehmungen verpflichtet sein, diesen Betrieb auf den Strecken zwischen der Wechselstation und der beiderseitigen Grenze zu Gunsten der Postverwaltung des Deutschen Reiches auszuführen, während der Postbetrieb auf der Strecke zwischen der Grenze und der Wechselstation Hermsdorf seitens der königlich sächsischen Staatseisenbahnverwaltung zu Gunsten der kaiserlich-königlich österreichischen Postverwaltung zu übernehmen sein wird.

Artikel XVII.

Die volle Landeshoheit bleibt in Ansehung der auf sächsischem Gebiete gelegenen Bahnstrecken der Linien Rossbach-Adorf, Nirdorf-Sebnitz, Schluckenau-Sohland und der Kleinbahn Rumburg-Warnsdorf Seiner Majestät dem König von Sachsen und in Ansehung der auf österreichischem Gebiete gelegenen Bahnstrecke der Linie Friedland-Markersdorf Seiner Majestät dem Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc. und Apostolischen König von Ungarn ausschließlich vorbehalten.

Artikel XVIII.

Unbeschadet des Hoheits- und Aufsichtsrechtes der hohen vertragsabschließenden Theile über die in ihren Gebieten gelegenen Bahnstrecken und über den darauf stattfindenden Betrieb verbelibt die Ausübung des Oberaufsichtsrechtes über die den Betrieb führenden Eisenbahnverwaltungen im Allgemeinen derjenigen Regierung, in deren Gebiete dieselben ihren Sitz haben.

Artikel XIX.

Die Bahnpolizei wird unter Aufsicht der dazu in jedem Staatsgebiete competenten Behörden in Gemäßheit der für jedes Gebiet geltenden Vorschriften und Grundsätze zunächst durch die Beamten der den Betrieb der betreffenden Bahnstrecke führenden Eisenbahnverwaltung gehandhabt werden.

Artikel XX.

Reichsangehörige des einen der hohen vertragsabschließenden Theile, welche von der Eisenbahnverwaltung beim Betriebe der Bahnstrecke im Gebiete des anderen Theiles angestellt werden, scheiden dadurch nicht aus dem Unterthanenverbande ihres Heimatlandes aus.

Die Stellen der Localbeamten, mit Ausnahme der Bahnhofsvorstände, der Telegraphen- und derjenigen Beamten, welche mit der Erhebung von Geldern betraut sind, sollen jedoch thunlichst mit einheimischen Staatsangehörigen besetzt werden.

Die beiden hohen Regierungen leisten sich gegenseitig die Zusage, dass für den im Sinne des gegenwärtigen Vertrages innerhalb des anderseitigen Staatsgebietes stattfindenden Dienst solche Beamte, Diener und Arbeiter, welche wegen gemeiner Verbrechen und Vergehen, wegen Schleichhandels oder schwerer Gefällsübertretungen verurtheilt worden sind, zum Dienste, beziehungsweise zur Arbeit wissentlich nicht verwendet werden sollen.

Sämmtliche Beamte sind ohne Unterschied des Ortes ihrer Anstellung der Dienst- und Disciplinargewalt ihrer vorgesetzten Verwaltung, im Übrigen aber den Gesetzen und Behörden des Staates unterworfen, in welchem Sie ihren Wohnsitz haben.

Artikel XXI.

Die Feststellung und Genehmigung der Tarife bleibt derjenigen Regierung vorbehalten, in deren Gebiet die betriebsführende Eisenbahnverwaltung ihren Sitz hat. Jedoch soll die Feststellung der Tarifsätze für diejenige Strecken der im Artikel I, Z. 1 bis 4 bezeichneten Eisenbahnen, welche zwischen den beiderseits zunächst der Grenze befindlichen Stationen gelegen sind, nach gleichen Grundsätzen erfolgen.

Beide hohen vertragschließenden Theile verpflichten sich, dahin zu wirken und daran zu halten, dass auf jeder der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnen und deren unmittelbaren Anschlusslinien möglichst im Anschlusse an die Züge der angrenzenden Bahnstrecken für die Personenbeförderung mindestens zwei Züge täglich in beiden Richtungen, und auf den im Artikel I, Z. 1 bis 4 bezeichneten Linien überdies auch für den Güterverkehr so viele Züge eingerichtet werden, als zur Bewältigung desselben erforderlich sind, sowie dass die sonstigen Betriebsanordnungen den Verkehrsbedürfnissen entsprechend geregelt werden.

Im übrigen haben die im Interesse der Erleichterung des gegenseitigen Eisenbahnverkehres zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche jeweilig bestehenden Vertragsbestimmungen, insbesondere jene der Artikel 15-18 des Handels- und Zollvetrages zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche vom 6. December 1891, insolange dieser in Wirksamkeit bleibt, auch auf die den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnanschlüsse Anwendung zu finden.

Artikel XXII.

Die königlich sächsische Regierung wird den Betrieb der innerhalb ihres Gebietes gelegenen Theilstrecken der im Artikel I, ZZ. 1, 3, 4 und 5 bezeichneten Bahnverbindungen mit keinen anderen oder höheren Abgaben belegen, als solchen, welche den unter gleichen Verhältnissen sattfindenden Bahbetrieb auf sächsischem Gebiete im Allgemeinen treffen sollten.

Der gleiche Grundsatz hat auch in Bezug auf die Betriebsführung der königlich sächsischen Staatseisenbahnverwaltung auf der Strecke von der Grenze nach Hermsdorf zu gelten.

Artikel XXIII.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages, insbesondere hinsichtlich des Betriebswechsels und der Grenzstationen, sowie der Betriebsführung auf den betreffenden Bahnstrecken bleiben auch in dem Falle aufrecht, wenn die kaiserlich-königlich österreichische Regierung das Eigentum oder den Betrieb der auf österreichischem Gebiete gelegenen Strecke einer der im Artikel I bezeichneten Eisenbahnen übernehmen oder die königlich sächsische Regierung von dem ihr etwa concessionsmäßig vorbehaltenen Einlösungsrechte bezüglich der auf ihrem Gebiete gelegenen Strecke Gebrauch machen sollte. In einem solchen Falle werden die beiden hohen Regierungen sich über die Art der Durchführung im Einzelnen einigen.

Artikel XXIV.

Gegenwärtiger Vertrag soll beiderseits zur Allerhöchsten Genehmigung vorgelegt und die Auswechslung der darüber auszufertigenden Ratificationsurkunden spätestens acht Wochen nach Vollziehung des Vertrages in Wien bewirkt werden.

Wien, am 27. November 1898

(L.S.)Wittek m. p.

(L.S.)Raymond m. p.

Zur Beglaubigung dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die gegenwärtige Übereinkunft in zwei Ausfertigungen unter Beifügung ihrer Siegel eigenhändig unterzeichnet.

(L.S.)Rex m. p.

(L.S.)Meusel m. p.

(L.S.)Dr. Ritterstädt m. p.

So haben wir nach Prüfung sämmtlicher Artikel dieses Vertrages denselben gutgeheißen und genehmigt und versprechen mit unserem kaiserlichen und königlichen Worte für Uns und Unsere Nachfolger, denselben seinem ganzen Inhalte nach getreu zu beobachten und beobachten zu lassen.

Zu dessen Bestätigung haben Wir gegenwärtige Urkunde eigenhändig unterzeichnet und derselben Unser kaiserliches und königliches Insiegel beidrücken lassen.

So geschehen zu Schönbrunn den 28. December im Jahre des Heiles Eintausendachthundertachtundneunzig, Unserer Reiche im einundfünfzigsten.


Franz Joseph m. p.


Graf Angor Goluchowski m. p.

Alexander Ritter von Suzzara m. p. k.u.k Sections-Chef.

Vorstehender Staatsvertrag wird mit der Wirksamkeit für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder kundgemacht.

Wien, am 9. Februar 1899.

Thun m. p.
Wittek m. p.
Kaizl m. p.
Di Pauli m. p.